Im Laufe der Embryogenese werden die Zellen nach und nach in einem zweistufigen Prozess an verschiedene Schicksale gebunden: Spezifizierung, gefolgt von Bestimmung. Die Spezifizierung wird demonstriert bei der Entnahme eines Segments eines frühen Embryos, und der neutralen in vitro Kultivierung dieses Gewebes. Das kann zum Beispiel in einer Petrischale mit einfachem Medium passieren, wobei man schließlich beobachtet, dass die Zellen sich in ihre Derivate differenzieren. Wenn die kultivierte Geweberegion Zelltypen hervorbringt, die normalerweise im Embryo entstehen würden, bedeutet dies, dass sie spezifiziert waren. Im Gegensatz dazu erfolgt die Bestimmung, wenn ein Gewebe des Embryos entfernt wird und in nicht-neutrale Umgebungen wie in einer Kulturschale mit komplexem Medium und verschiedene Proteine oder sogar mit einem anderen Bereich des Embryos selbst gegeben wird und es dennoch die erwarteten Derivate erzeugt. Spezifikation und Bestimmung sind zwei aufeinanderfolgende Schritte im Entwicklungsweg einer Zelle, die dem letzten Stadium der Differenzierung vorausgehen, in dem reife Gewebe mit einzigartigen Morphologien und Funktionen produziert werden.
Um die Spezifikation zu studieren, müssen Wissenschaftler zunächst die normalen Derivate der verschiedenen Bereiche eines Embryos verstehen. Dazu werden oft "Anlagekarten" verwendet, die durch Färbung oder Markierung von Zellen in der frühen Embryonalentwicklung oder durch die Kultivierung ganzer Embryonen und durch die Überwachung wo die markierten Zellen ankommen, entstehen. Zum Beispiel haben diese Techniken im Huhn gezeigt, dass bestimmte Bereiche, die sich außerhalb der Mitte im Embryo befinden (ungefähr an den Positionen 9 Uhr und 3 Uhr), Neuralleistenzellen bilden, welche migrieren können und das periphere Nervensystem zu bilden.
Wichtig ist, dass diese für die Neuralleiste bestimmten Bereiche in den frühen Stadien der Gastrulation (wenn der Embryo in eine dreischichtige Struktur umgewandelt wird) ausgeschnitten werden können bevor sie beginnen Proteinmarker oder andere Merkmale des Zelltyps zu exprimieren. Wenn jegliches darunter liegende Gewebe, das eine Quelle von Signalfaktoren sein könnte, entfernt wird und diese Explantate in einem Kollagentropfen in einfachen Medium kultiviert werden, erzeugen sie Zellen, die Transkriptionsfaktoren typisch für die Neuralleiste exprimieren. Es ist interessant, dass einige Zellen sogar dabei beobachtet werden können, wie sie von dem Gewebefragments wegwandern, was ein weiteres Merkmal dieses Zellmerkmals ist. Diese Experimente haben gezeigt, dass die Spezifizierung der Neuralleiste früh während der Embryonalentwicklung erfolgt. Obwohl ein Großteil dieser Arbeit beim Huhn durchgeführt wurde, deuten neuere Erkenntnisse auf ein ähnliches Muster der Spezifizierung beim Kaninchen hin; beide Organismen werden als Modelle für die menschliche Embryonalentwicklung verwendet.
Sobald die Spezifizierung einer Region eines Embryos nachgewiesen ist, interessiert es Forscher auch wie die Proteinsignale und die Position des Gewebes im Embryo dazu führen das eine Zelle einen bestimmten Entwicklungsweg einnimmt. Im Fall der Neuralleiste haben die Forscher festgestellt, dass eine Kombination an Proteinen, unter anderem knochenmorphogenetische Proteine und Fibroblasten-Wachstumsfaktoren, die aus dem angrenzenden oder darunter liegenden Gewebe der zukünftigen Neuralleiste stammen, dieses Zellschicksal induzieren. Solche Signale wiederum lösen in diesen Zellen die Expression von Spezifizierungsproteinen aus, die sie dann in Neuralleisten differenzieren.
Aus Kapitel 25:
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